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Der Bibelblick


 

Christen und das Sabbatgebot

(von Stefan Wittmann)

Müssen wir Christen den Sabbat halten? Wer häufig im Internet surft oder von mancher christlichen Sekte Besuch erhält, wird sich früher oder später mit dieser Frage konfrontiert sehen. Wilde Spekulationen und obskure biblische Begründungen werden herangezogen, um darzulegen, daß jeder, der nicht den Samstag (Sabbat) als Feiertag heiligt, gegen Gottes Gebote verstößt.

Aber was sagt die Bibel zu diesem Thema? Und wie hielten es die ersten Christen mit dem Sabbat?


die Praxis in den ersten Jahrhunderten

Vielfach wird behauptet, daß die ersten Christen in den ersten Jahrhunderten den Sabbat hielten und erst später, im vierten Jahrhundert, der Sonntag den Samstag ersetzte. Diese Regelung sei damals - angeblich entgegen der biblischen Aussage - von dem römischen Kaiser und auch von der katholischen Kirche auf einem Konzil festgelegt worden. Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein als das. In Rienickers „Lexikon zur Bibel“ steht dazu:
„Die Forderung aber, den Sabbat zu halten, betrachtete Paulus als Rückfall ins Gesetz, der den Verlust der Gnade bewirkte (Gal.4,9-11; 5,1-4). Ebenso urteilten die christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte (Ignatius, Justin, Tertullian).“1

Justin der Märtyrer lebte zu Beginn des zweiten Jahrhunderts, Tertullian Ende des zweiten bis ins dritte Jahrhundert hinein. Genaueres über die Aussage Justins erfahren wir bei John Gill:
„...der erste Tag der Woche ... den Justin der Märtyrer Sonntag nennt, an welchem Tag, wie er sagt, alle, sowohl in der Stadt als auf dem Land, sich an einem Ort zur religiösen Anbetung versammeln...“2

Weiter heißt es bei Rienicker zum Verhältnis der ersten Christen zum Sabbat:
„Aber nicht nur die Verlegung vom letzten auf den ersten Tag der Woche unterscheidet den Herrentag der Christen vom Sabbat der Juden. Ihm fehlt außerdem das auffälligste Kennzeichen des jüdischen Feiertags, die Arbeitsruhe ... Abgesehen von der Zeit zum Gottesdienst, die man auch den Sklaven freigab, gingen die Christen wie ihre gesamte heidnischen Umwelt am Herrentag weiter der täglichen Arbeit nach.“3

Es ist also durch die uns erhaltenen Schriften der Kirchenväter der ersten Jahrhunderte klar belegt, daß man damals das Halten des Sabbats als Rückfall ins Gesetz betrachtete, womit man praktisch die Gnade Gottes, die er uns in Christus anbietet, zurückweisen würde.


was sagt die Bibel

Wenden wir uns nun der Bibel zu und sehen einmal genau nach, was sie dazu meint. Zuerst einmal, was das Neue Testament allgemein darüber aussagt, welchen Tag wir feiern sollen. Und dann betrachten wir die Stellen, durch die wir erkennen können, daß die Urgemeinde auch schon am Sonntag feierte.


welcher Tag ist nicht so wichtig

Die Antwort auf die Frage, welchen Tag wir heiligen sollen, wird uns im Neuen Testament (NT) bei Paulus ganz eindeutig beantwortet:

„Dieser achtet einen Tag höher als den andern, jener hält alle Tage gleich; ein jeglicher sei seiner Meinung gewiß! Wer auf den Tag schaut, schaut darauf für den Herrn, und wer nicht auf den Tag schaut, schaut nicht darauf für den Herrn.“ (Röm.14,5+6; SCH)

Wir haben also völlige Freiheit darin, welchen Tag bzw. ob wir überhaupt einen Tag als besonders heilig ansehen oder nicht. Das ist die eigentliche Kernaussage der Bibel zu diesem Thema. Und damit ist die Frage, ob wir Christen den Sabbat halten müssen, auch schon beantwortet.


der Sonntag bei den ersten Christen

Die ersten Christen hatten die Gewohnheit, sich Sonntags zu ihren Gottesdiensten zu versammeln. Am deutlichsten können wir das aus Apostelgeschichte 20,7 ersehen:

„Am ersten Tage der Woche aber, als wir versammelt waren, um das Brot zu brechen, unterredete sich Paulus mit ihnen, ...und dehnte die Rede bis Mitternacht aus.“ (SCH) 

Die Christen trafen sich demnach also am Sonntag zu ihrem Gottesdienst mit Abendmahl. „Robertson’s NT Word Pictures“, ein Kommentar zum griechischen Text des NT, meint dazu, daß hier mit „als wir versammelt waren“ die „formellen Zusammentreffen der Jünger“ (d.h. ihre Gottesdienste) gemeint waren. Dasselbe griechische Wort wird auch in Hebr.10,25 für die Gottesdienste verwendet.4

Einige weitere Stellen sind:

„Was aber die Sammlung für die Heiligen anbelangt, so handelt auch ihr so, wie ich es für die Gemeinden in Galatien angeordnet habe. An jedem ersten Wochentag lege ein jeder unter euch etwas beiseite und sammle, je nachdem es ihm wohl geht; damit nicht erst dann, wenn ich komme, die Sammlungen gemacht werden müssen.“ (1.Kor.16,1+2; SCH)
„Ich war im Geist am Tage des Herrn und hörte hinter mir eine gewaltige Stimme, wie von einer Posaune, die sprach“ (Offb.1,10; SCH)

Hören wir dazu, was der „Jamieson, Fausset, Brown Kommentar“ zu diesen Stellen meint: „Apg.20,7 am ersten Tag der Woche, als die Jünger sich versammelten -- Dies, verglichen mit 1.Kor.16,2, und anderen ähnlichen Anspielungen, zeigt deutlich an, daß die christliche Einhaltung des Tages, der später als „der Tag des Herrn“ bezeichnet wurde, bereits eine feste Tradition der Kirchen war.“5

Bereits mit der Auferstehung Jesu zu Ostern fing es an, daß sich die Jünger am Sonntag versammelten:

„Als es nun an jenem ersten Wochentag Abend geworden war und die Türen verschlossen waren an dem Ort, wo sich die Jünger versammelt hatten, aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! ... Und nach acht Tagen waren seine Jünger wiederum dort und Thomas bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch!“ (Joh.20,19+26)
„Nach acht Tagen“ ist eine Redewendung für „eine Woche später“. (Die Juden pflegten den ersten Tag mit zu zählen.) Halten wir also fest: Jesu Auferstehung und auch seine Treffen mit den Jüngern nach der Auferstehung fielen alle auf einen Sonntag. (Mt.28:9 Lk.24:34,18-33 Joh.20:19-23+26) (Ebenso auch Himmelfahrt und Pfingsten.)

Ein ganz wesentliches Argument ist auch, daß das Halten des Sabbats den neuen Christen (die aus dem Heidentum stammten), von der Apostelversammlung NICHT auferlegt wurde. Zur Erinnerung, es ging in der Versammlung darum, ob die Christen das Gesetz Mose (zu dem auch das Halten des Sabbats gehörte) halten mußten oder nicht (Apg.15,5). Die Antwort der Apostel und des HL. Geistes darauf lautete:

„Es hat nämlich dem heiligen Geist und uns gefallen, euch keine weitere Last aufzulegen, außer diesen notwendigen Stücken: daß ihr euch enthaltet von Götzenopfern und von Blut und vom Erstickten und von Unzucht; wenn ihr euch davor in acht nehmet, so tut ihr recht. Lebet wohl!“ (Apg.15.28f; SCH)

Manchmal werden Stellen aus der Apostelgeschichte zitiert, wie Apg.16,3 & 17,2 & 18,4, um zu zeigen, daß die Apostel den Sabbat eingehalten hätten. Tatsache ist aber, daß diese Stellen von nichts weiter berichten, als daß die Apostel zu Missionszwecken an den Gottesdiensten der Juden in den Synagogen teilnahmen, um ihnen von Jesus zu erzählen. Daraus ableiten zu wollen, daß die Apostel den Sabbat hielten, ist schlicht und einfach absurd.

„Er [d.i. Paulus] unterredete sich aber in der Synagoge an jedem Sabbat ... und bezeugte den Juden, daß Jesus der Christus sei. Als sie aber widerstrebten und lästerten ... Und er ging von dort fort ...“ (Apg.18,4-7; ELB)


das Ergebnis

Schon diese kurze Untersuchung von Neuem Testament und Praxis der ersten Christen zeigt, daß wir nicht verpflichtet sind, den Sabbat zu halten. Wir können ruhigen Gewissens dem Beispiel der Apostel folgen und den Sonntag als den Tag für unsere Gottesdienste wählen. 

Wer den Sabbat halten will, ist darin völlig frei. Er möge sich jedoch die Warnungen von Paulus zu Herzen nehmen. Denn wer die Haltung des Sabbats zum Gesetz bzw. Gebot erklärt, fällt laut Paulus unter das Gesetz zurück und sucht wieder die Rechtfertigung aus dem Gesetz und riskiert dadurch sogar den Verlust der Gnade (Gal.4,9-11; 5,1-4; Kol.2,16ff).

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Fußnoten:
1) „Lexikon zur Bibel“ - Herausgegeben von Fritz Rienicker, 1960 R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, S.1168
2) „The New John Gill’s Exposition of the Entire Bible“ (Kommentar aus der Online-Bibel) zu Apg.20,7: „Ver. 7. And upon the first day of the week,  &c.] Or Lord's day, #Re 1:10 and which Justin Martyr calls Sunday; on which day,  he says {i},  all,  both in city and country,  met in one place for religious worship; and on this day,  it appears from hence,  and from other places,  that the apostles and primitive churches did meet together for religious exercises; see #Joh 20:19,26 1Co 16:2 and so they did at Troas at this time“ 
3) „Lexikon zur Bibel“, ebd.
4) „Robertson’s NT Word Pictures“ zu Apg.20,7: „... {When we were gathered together} ... Genitive absolute, perfect passive participle of sunagw, to gather together, a formal meeting of the disciples. See this verb used for gatherings of disciples in #Ac 4:31; 11:26; 14:27; 15:6,30; 19:7,8; 1Co 5:4. In #Heb 10:25 the substantive episunagwghn is used for the regular gatherings which some were already neglecting.
5) „Jamieson, Fausset, Brown Commentary“ zu Apg.20,7



Verwendete Bibelübersetzungen:
ELB (rev. Elberfelder Bibel);  SCH (Schlachterbibel 1951);  üLU (überarbeitete Lutherbibel 1912); MüNT (Münchener Neues Testament);  uELB (unrev. Elberfelder Bibel)

© 2001, 2006 by Stefan Wittmann ("Bibel und Ermutigung" - http://www.BIBELundERMUTIUNG.de)
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